Montag, 24. Juli 2017

Wahlprogramm 10.2

10.2 Haushaltspolitik


Das primäre finanzwirtschaftliche Ziel der Alternative für Deutschland sind ausgeglichene Haushalte. Die Staatsausgaben sind durch Einnahmen zu decken. Die Erhöhung von Abgaben oder Aufnahme von Schulden zur Deckung der Ausgaben ist auf die strengen Vorgaben einer Schuldenbremse zu beschränken. Die Bürger haben ein Recht auf verlässliche staatliche Rahmenbedingungen, die ihnen eine nachhaltige Lebensplanung gewährleisten.

Zur Vermeidung von Erblasten für spätere Generationen ist die Tilgung bestehender Schulden verbindlich gesetzgeberisch zu regeln.

Gesamtgesellschaftliche Aufgaben will die AfD über den Bundeshaushalt finanzieren. Dies gebieten die Gerechtigkeit und die Forderung nach einer transparenten Haushaltsführung. Demzufolge sind Nebenhaushalte und Übertragung von gesamtgesellschaftlichen Lasten zur Schönung des Bundeshaushalts beispielsweise an die Sozialkassen abzulehnen.

Die Alternative für Deutschland fordert die verpflichtende Einführung der kaufmännischen Buchführung für alle Staatshaushalte.

Der darin in Zukunft abgebildete jährliche Werteverzehr aller Vermögensgegenstände, die einem solchen unterliegen, ist in den Haushalten zu erwirtschaften und zu thesaurieren. Haushalte sind nur dann ausgeglichen, wenn diese Vermögensverluste monetär erwirtschaftet sind, wie dies schon heute für alle Kommunalhaushalte vorgeschrieben ist.

Diese kaufmännische Betrachtungsweise muss in der Zukunft auch angewendet werden auf alle Versorgungsanwartschaften, welche die Bediensteten der öffentlichen Verwaltung gegenüber öffentlichen Dienstherrn bzw. Arbeitgebern erwerben.



Analyse:


Erst einmal einige Begriffsklärungen für den unbedarften Wirtschaftslaien: Schuldenbremse, thesaurieren, Werteverzehr

Mit dem ersten Absatz bekennt sich die AfD zu geltendem EU-Recht und fordert genau das ein, was europaweit eh schon praktiziert wird. Auch im zweiten Absatz fordert die AfD erneut das, was bereits seit Jahren Gegenstand der aktuellen Tagespolitik ist. Zu gut Deutsch: Die ersten beiden Absätze hätte man sich vom ersten bis zum letzten Buchstaben sparen können.

Wer behauptet, der Bund würde heimlich Nebenhaushalte führen, die als Schattenhaushalte der Kontrolle des Bundestages entzogen wären, sollte diese Behauptung auch an dem Ort belegen, wo sie aufgestellt wird. Ansonsten landen wir wieder einmal im Bereich strafrechtlich relevanter Verleumdungen, die, wie hier bereits mehrfach nachgewiesen, zum bevorzugten Handwerkszeug der Verfasser des Wahlprogramms der AfD zu gehören scheinen.

Wer Forderungen bezüglich einer kaufmännischen Buchführung (was auch immer das im Zusammenhang mit Haushalten sein soll, darf die AfD gern erklären) aufstellt, sollte die Publikationen des Bundesministeriums für Finanzen über die Haushalts- und Vermögensrechnungen des Bundes eigentlich gelesen (und verstanden!) haben, bevor er/sie auf die Idee kommt, die in knapp sieben Jahrzehnten gewachsene Erfahrung des BMF in Frage zu stellen. Nach der Lektüre der dort angebotenen PDF-Dokumente wüsste man dann, dass der Bundeshaushalt exakt nach der Vorgabe des Paragraphen 81 der Bundeshaushaltsordnung (BHO) aufgelistet werden muss, die für das Bundesfinanzministerium verbindlich ist. Man fragt sich nach der Lektüre von etwa zwei Dritteln des Wahlprogramms der AfD, welches der etlichen tausend Bundesgesetze die AfD eigentlich nicht ändern möchte, obwohl die meisten der geforderten Änderungen nicht notwendig oder gar verfassungswidrig sind.

Warum sollte man in der geforderten "kaufmännischen Buchführung" aber den darin in Zukunft abgebildeten jährlichen Wertverlust aller Vermögensgegenstände in den Haushalten erwirtschaften und einbehalten, respektive: Welche Vermögensgegenstände des Bundes unterliegen überhaupt einem jährlichen Werteverzehr? Zu den angeblichen Nebenhaushalten siehe oben!

Zu guter Letzt: "Versorgungsanwartschaften der Bediensteten der öffentlichen Verwaltung gegenüber öffentlichen Dienstherren [...]" meint Renten oder Pensionsansprüche, die (wie später besprochen) nach dem Willen der AfD sowieso privatisiert werden sollen. Was mit der kaufmännischen Betrachtungsweise des Bundeshaushalts natürlich wunderbar korrelieren würde.

Ironie des Schicksals: Die AfD schickt sich mit der Kommerzialisierung des Bundeshaushalts an, endlich einmal jene BRD-AG zu schaffen, von der die Reichsbürger schon immer phantasiert haben...

Keine Kommentare: